Nachhaltigkeit
Nachhaltigkeit – ein Modebegriff, im täglichen Sprachgebrauch bis zum Geht nicht mehr verwendet. Kaum verwunderlich, dass ein Journalist nachfragte: «Muss der sgv nicht mehr tun für die Nachhaltigkeit? Was ändert?» Meine Antwort enttäuschte den Journalisten hörbar. Doch dazu später.
Beginnen wir beim Grundsätzlichen. Die UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung hielt zur Nachhaltigkeit 1992 fest: Dauerhaft stabile Gesellschaften seien zu erreichen, indem ökologische, ökonomische und soziale Ziele nicht gegeneinander ausgespielt, sondern gleichrangig angestrebt würden.
Der sgv seinerseits führt in seinen Zielsetzungen 2018 – 2022 aus: «Der sgv setzt sich ein für die langfristig orientierte, marktwirtschaftliche Verbindung von Energie-, Klima-, Umwelt und Ressourcenpolitik unter Einbezug der anwendungsorientierten Forschung und Entwicklung.» Eine intensive Diskussion in der Gewerbekammer – dem Parlament des sgv – ging der Positionierung voraus und wurde so vom Schweizerischen Gewerbekongress verabschiedet. Nebenbei bemerkt: nicht Einzelpersonen kam das Diktat zu, vielmehr wurde demokratisch abgestimmt. Auch wenn es gerne mal wieder andersrum kolportiert wird.
Was heisst das konkret? Bereits vor zwanzig Jahren gründeten der sgv und die economiesuisse die Energieagentur der Wirtschaft. Ziel: Reduktion des CO2-Ausstosses in den Firmen. Damals gab es noch keine Greta. Trotzdem wurde schon damals mit Weitblick ökologische Verantwortung wahrgenommen. Mit Stand 2018 wurden seitdem über 550’000 Tonnen CO2 reduziert. Das entspricht rund 69’000 Flügen rund um den Globus. Dank dessen wird das Leistungsziel der CO2-Verpflichtungsperiode bis 2020 erreicht. Eine Reduktion von minus 20 Prozent und dies obwohl der Verkehr noch zugelegt hat. Die Wirtschaft hat übererfüllt. International findet dies Beachtung: im letzten Dezember wurde in Monaco an einer Klimakonferenz des European Center of Austrian Economics Foundation prominent darauf hingewiesen.
Interessant ist auch ein Blick zu-rück im Bereich der Energiestrategie. Die gleichen Bürgerlichen, die in der Referendumsabstimmung zur Energiestrategie 2050 noch in aller Vehemenz gegen die Vorlage angetreten sind, wollen nun offenbar den Eindruck erwecken, zu den überzeugtesten Klimaaktivistinnen zu gehören. Opportunismus lässt grüssen. Der sgv hat immer auf die Komplementarität zwischen Energie- und Klimapolitik hingewiesen. Dieser Logik folgend unterstützte er die Energiestrategie 2050 und engagierte sich stark in der Abstimmungskampagne.
Kürzlich fand die Weltklimakonferenz in Madrid statt. Der sgv war mit einem Mitglied in der offiziellen Delegation der Schweiz vertreten und sass aktiv am Verhandlungstisch. Das Referendumsabstimmung gleiche galt auch schon für die Weltklimakonferenz in Paris, wo das Reduktionsziel von minus 50 Prozent bis 2050 vereinbart wurde. Konsequenterweise unterstützte der sgv bereits vor Jahresfrist diese Zielsetzung im Rahmen der Debatte des Nationalrates zur Revision des CO2-Gesetzes. Wenig erstaunlich haben die Vereinten Nationen den sgv eingeladen, im neu gegründeten Klimatechnologiezentrum und Netzwerk an der Umsetzung internationaler Klimaprojekte mitzuwirken.
Und damit komme ich zurück auf den eingangs erwähnten Journalisten. Angesichts dieses Leistungsausweises drängt sich kein grundsätzlicher Richtungswechsel auf. So war es auch selbstverständlich, uns im «KMU-Anlass synergy» anfangs November vor mehreren hundert KMU Unternehmern mit der Thematik «upcycling, Kreislaufwirtschaft» auseinanderzusetzen. Ich musste den Journalisten also enttäuschen. Stattdessen gab ich ihm einen Wunsch mit. Wie wäre es mit einer fundierten Recherche zur breiten Darstellung dieser Anstrengungen. Ein echter Primeur lautet nämlich: Die Schweizer Wirtschaft ist längstens grün.
Hans-Ulrich Bigler
Direktor Schweizerischer Gewerbeverband sgv
ZUR PERSON
Hans- Ulrich Bigler ist seit 2008 Direktor des Schweizerischen Gewerbeverband sgv in Bern, der als grösste Dachorganisation der Schweizer Wirtschaft über 230 Verbände und gegen 500’000 KMU vertritt. Wärend vier Jahren hat er sich zudem im Parlament für optimale wirtschaftliche und politische Rahmenbedingungen für die KMU sowie ein unternehmensfreundliches Umfeld eingesetzt.